Totengräber statt Hebamme

Diskussionsbeitrag von Uwe Heins, Kehdingbruch

Eine „Einheitsgemeinde“ oder „Samtgemeinde“... diese Vorschläge würden auch keine dauerhafte Lösung für die finanzielle „Unterbesetzung“ beinhalten, sondern nur einen kurzzeitigen Schuldenschnitt. Das heißt, in zehn Jahren sähe es genauso aus wie heute und dann hätten wir echt griechische Verhältnisse.

Warum also einen Insolvenzverwalter, wenn ein Wirtschaftsförderer gefragt ist? Warum einen Totengräber, wenn vielmehr eine Hebamme erforderlich ist?

Hier stehen genügend Wirtschaftsfördermittel von der EU, dem Bund, dem Land Niedersachsen und der KfW zur Disposition! Es muss sich allerdings einmal jemand die Mühe machen, diese abzufragen und entsprechende Konzepte auf den Tisch zu bringen.

Will die Region die gleichen Fehler machen, wie der selbstverliebte Filz von Cuxhaven? ... Wir müssen uns allen Ernstes die Frage stellen: „Wollen wir das auch so in unserer Samtgemeinde?“ Eines muss uns doch allen klar sein: Wenn eingespart werden muss, dann zuerst einmal „von oben“, und nicht am verkehrten Ende bei denen, die sowieso schon nichts mehr haben – diejenigen, die sich ihre Lebensqualität durch Eigeninitiative zu erhalten hoffen.

Es kann aber nicht sein, dass nur noch diese dazu beiträgt, eine Ortschaft am Überleben zu halten. Wozu die aufgeblähte Verwaltung, wenn Wasser, Abwasser, Gas, Strom schon direkt an andere bezahlt werden, selbst die Müllgebühr wird nur verwaltet und gelbe Säcke gibt’s schon beim Kaufmann! Bauvorhaben werden in Cadenberge geprüft und in Cuxhaven nachgeprüft! Entweder gibt es die Selbstverwaltung der Samtgemeinde oder nicht. Entweder ist die lokale Verwaltung zu groß oder die des Kreises?...

Macht unser Land wieder lebenswert, fördert die Kindertagesstätten und Kindergärten im Ort, lasst die unteren Schulen im Ort, fördert den ÖPNV. Entkompliziert das Baurecht, sodass junge Familien wieder Sinn darin sehen, zu uns aufs Land zu kommen. Macht es für den Landarzt wieder attraktiv, eine Praxis zu übernehmen. „Coached“ die lokalen Ortsvertretungen zum Wohle der Bürger und damit des Ortes. Denn: Kinder bedeuten Zukunft! Es lohnt sich bestimmt, auch einmal alternativ zu denken.

Uwe Heins, Kehdingbruch


Das Pflänzchen ist äußerst zäh

Von Hartmut Behrens, Oberndorf
 
Die Stadt Wolfsburg und das Volkswagenwerk sind bekanntlich auf den Reißbrettern der Nazis entstanden. Allein diesem Umstand haben es die Wolfsburger zu verdanken, dass ihre Stadt heute „im Geld schwimmt“, denn VW ist einer der größten Gewerbesteuerzahler in Deutschland. Die Menschen in Wolfsburg sind nicht fleißiger, intelligenter oder sonst irgendwie besser als die in den finanzschwachen Regionen. Und die Menschen in Oberndorf, Neuhaus oder Cadenberge sind gewiss keine faulen Säcke.

Der wesentliche Unterschied besteht in den verfügbaren Gewerbesteuer- Einnahmen. ...Das System der Steuerverteilung wurde nicht in der Samtgemeinde Am Dobrock ausgedacht. Es ist das Ergebnis von Vereinbarungen zwischen Bundes- und Landesregierungen, das wir nun ausbaden sollen. Die politischen  Führungen haben darin versagt, ein gerechtes Steuerverteilungssystem zu installieren.

Warum bloß will die hohe Politik an diesem System nichts ändern? Weil es eine verdeckte Industriesubvention ist. Die Kommunen sollen sich in einem ständigen Konkurrenzkampf um Gewerbesteuerzahler mit Angeboten an die Industrie überbieten: günstige Grundstücke inklusive Erschließung, Bevorzugung bei Energiekosten und und und. Die finanzschwachen Kommunen sind in diesem Kampf chancenlos, auch hier wird die Schere zwischen reich und arm immer größer.

Als Vorbild wurden uns ... Kommunen genannt, die mit relativ noch weniger Einnahmen einen ausgeglichenen Haushalt
hinbekämen. Verschwiegen hat er dabei allerdings, dass es dort auch nichts mehr gibt: keine Schule, keine Jugendeinrichtungen, keine freiwilligen Ausgaben, kein Schwimmbad, keinen Zoo.
...
Aus dem Oberndorfer Dorferneuerungsforum hat sich eine überaus aktive Gruppe gebildet, die mit zahlreichen Ideen und Aktivitäten das Leben im Dorf verbessern möchte. Die Landesregierung – und zu befürchten ist: auch die Samtgemeindeführung – ist dabei, dieses noch zarte Pflänzchen gleich wieder zu zertrampeln. Ich bin allerdings sicher, dass sich dieses Pflänzchen als äußerst zäh erweisen wird, und es bildet auch schon Wurzeln in den Nachbardörfern...

Hartmut Behrens, Oberndorf


Leserbriefe (gekürzt) aus der NEZ, Juni 2012